Copyright: Text und Fotos Sabine Bengtsson / Juni 2017
Japans wilde Seite – ein Land mit unberührter Natur und großer Artenvielfalt!
Hier leben unter anderem Schwarz-, und Braunbären als direkte Nachbarn zum Menschen.
Warum mich dieses Land so gepackt hat und ich der Meinung bin, es ist unverzeihlich, es nicht wenigstens einmal im Leben bereist zu haben, erzähle ich Ihnen in diesem Reisebericht und wem es gefällt, der kann mit uns Japan von seiner natürlichen Seite her kennenlernen.
Es geht unter anderem zu wilden Bären, die nahe an Wohngebieten leben, fliegenden Riesenhörnchen, Orcas, engagierten Menschen oder kleinen Käfern, die komplexe Blattpakete bauen und vielem mehr!
Dies ist ein Artikel über meine Rundtour im Juni 2017 zur Entwicklung einer neuen Naturreise in den wilden und unberührten Teil Japans.
Ich bin dafür zu einer Bärenschutzorganisation, auf die abgelegenen Ogasawara Inseln und nach Hokkaido gereist. Meistens hat mich dabei der japanische Direktor für die Nationalparks begleitet. Dorthin organisiere ich ab 2018 eine einzigartige Naturrundreise in faszinierende und einzigartige Naturregionen mit hoher Artenvielfalt. Natürlich geführt von lokalen, engagierten Naturführern und Biologen sowie mit Unterstützung der Bärenorganisation über den Tourpreis.
Japan
Von Japan hatte ich bisher das Bild im Kopf, dass dort viele Menschen leben, der technische Fortschritt der Natur wenig Raum lässt und Wale sowie Delfine lieber gegessen, als geschützt werden…
Doch als ich vor einiger Zeit eine Dokumentation über die Natur sah, war ich vollkommen fasziniert und die Idee geboren dorthin zu fahren, um eine neue Naturreise zu entwickeln.
Wie kommt man an die entsprechenden Kontakte, um wie für Perlenfänger üblich, eine authentische und einzigartige Naturtour aufzubauen?
Durch Zufälle und wie es der Name schon sagt, es fällt einem zu. So auch hier.
Im März war ich auf der größten Reisemesse Europas in Berlin und kam am Stand des japanischen Tourismusverbandes vorbei. Auf meine Frage, ob jemand dort wäre, der sich mit den Nationalparks auskennt, wurde ich freundlich empfangen. Ausgerechnet an dem Tag war der Direktor aller Nationalparks Japans anwesend. Ein einstündiges Gespräch bestätigte meinen Wunsch in diesem Land eine ganz außergewöhnliche Naturtour aufzubauen.
In den Wochen danach waren alle Formalitäten geklärt und es war eine 15 tägige Rundreise organisiert, in der ich unterschiedliche Regionen kennenlernen sollte. Der Direktor selber sollte mich größtenteils dabei begleiten.
So packte ich meinen Rucksack, ausgerüstet für kalte Regionen ebenso wie für die subtropischen Zonen und flog am 14.06.17 Richtung Tokyo. Man bekommt bereits für etwas über 500 € gute Flüge mit Linienfluggesellschaften.
Japans besteht aus vier großen und fast 7.000 kleinen Inseln, die sich als langer Bogen durch den Nordwest-Pazifik ziehen.
Es herrschen alle Klimazonen vor, von arktischen bis zu subtropischen Bedingungen. Dadurch hat sich in Japan eine ganz außergewöhnliche und hohe Artenvielfalt entwickelt.
In Tokyo angekommen, wurde ich überrascht wie strukturiert und erstaunlich wenig hektisch diese Riesenmetropole mit ca. 13 Millionen Einwohnern sein kann. Die erste Nacht verbrachte ich in einem kleinen Hotel nahe des Hafens. Einen Eindruck über die freundliche Art der Japaner und ihrer Hilfsbereitschaft durfte ich sofort im Hotel kennen lernen. Das Frühstück war zwar etwas gewöhnungsbedürftig mit Fisch, Reis, Suppe und Algen, aber das gehört nun einmal dazu, ebenso wie einige Menschen, die dort Masken gegen Viren und Pollen tragen.
Japan ist einer der sichersten Reiseländer und dies kann ich nur bestätigen. Wie sicher, sollte ich noch sehr häufig auf dieser Reise erleben. In Zeiten von Terroranschlägen kein unbedeutender Punkt.
Die Toiletten sind in Japan eher ein Hightechgerät und überall extrem sauber. Als ich sie zum ersten Mal in meinem Hotelzimmer benutzen möchte, wundere ich mich zunächst über die ausführliche Beschreibung, die dazu an der Wand hängt. Doch bei all den Funktionen wie beheizter Sitz, Bidetfunktion, ein automatisches Geräusch damit man das Pinkeln nicht hört, sind nur einige der Funktionen. Den Spülknopf unter all den Knöpfen zu finden, ist gar nicht so leicht! :-)
Bereits am nächsten Tag begab ich mich auf eine 25-stündige Schiffsreise auf die Ogasawara Inseln. Sie liegen 1000 km vor der Küste, ist World Heritage Area und vergleichbar mit den Galapagos Inseln. Nie mit dem Festland verbunden, entwickelten sich dort endemische Arten, die nur dort leben. Zur gleichen Zeit können sich nur bis zu 900 Menschen aufhalten. Es gibt keinen Flughafen und die Fähre fährt nur einmal pro Woche. Lediglich 2 Inseln sind bewohnt, der Rest ist streng geschützt und darf nicht betreten werden.
Ich war die Einzige „Langnase“ an Bord und wurde daher häufig angesprochen wo ich herkomme. Englisch ist nicht sehr verbreitet, so dass wir uns mit Händen und Füßen, Google Translator und meinem japanischen Wörterbuch verständigten.
Auf dieser Fähre gibt es überwiegend offene Schlafräume in unterschiedlichen Klassen. Angefangen von der Günstigsten, in der man ein Futon vorfindet, dass abends auf dem Boden ausgerollt wird und alle nebeneinander liegen, bis hin zu Einzelkabinen. Ich entschied mich für die mittlere Kategorie. Das war ein Raum für 20 Personen, in der jeder eine kleine Koje hat. Ein Vorhang gewährleistet die Privatsphäre und die Taschen werden einfach davor gestellt. Es gibt keine Schränke mit Schloss und ich hatte auch nicht das Gefühl, dass ich so etwas bräuchte.
Als wir den Hafen von Tokyo verließen, freute ich mich darauf schon bald in der Natur zu sein. Doch bis dahin waren es noch 25 Stunden an Bord. Ich verbrachte die meiste Zeit an Deck mit einem Fernglas, da es immer sein kann auf Wale und Delfine zu treffen. Das Essen war traditionell japanisch und alle Ansagen sowie die Speisekarte waren in japanischer Schrift. Zum Glück gab es Bilder dazu, so dass ich darauf zeigen konnte.
Als ich im Restaurant etwas zu essen bestellt hatte, erhielt ich eine Karte mit einer Nummer, unglücklicherweise wurde diese jedoch nur in japanisch aufgerufen. Als ich etwas ratlos guckte, sprach mich eine sehr gut englisch sprechende japanische Frau an, die offensichtlich mein Dilemma bemerkt hatte. Sie bot mir an mich zu informieren, wenn meine Nummer aufgerufen würde.
So kam ich mit Lily ins Gespräch. Sie wurde meine nette Reisebegleitung auf der Schiffsfahrt. In den USA einige Jahre gelebt, in Shanghai aufgewachsen und nun in Tokyo lebend, gab sie mir wertvolle Tipps und Informationen zur japanischen Kultur und dem Essen.
Die Ogasawara Inseln (1.000 km vor Japans Küste) – seltene Waldtauben und Meeresschildkröten
Die beiden bewohnten Inseln heißen Hahachjima (Mutterinsel) und Chichijima (Vaterinsel). Zunächst besuchte ich Hahajima. Sie ist mit gerade einmal 450 Einwohnern die deutlich abgelegenere Insel der Beiden. Noch einmal 2 weitere Fährstunden mit einem sehr viel kleineren Schiff, vermeiden die meisten Besucher nach der sowieso schon langen Anreise noch einmal auf ein weiteres Schiff umzusteigen.
Lily wollte in Chichijima eine Kajaktour machen und so verabschiedeten wir uns am Hafen mit der Absicht, sich eventuell zu treffen, wenn ich in ein paar Tagen mir auch Chichijima anschaue. Während der Schiffsreisen begleiteten uns Weißbauchtölpel. Sie jagten geschickt fliegende Fische und es war schwierig gute Aufnahmen von ihnen zu machen, weil sie so schnell waren.
Die Fährtfahrt nach Hahajima ließ bereits von weiten erahnen, welche schöne Insel es ist. Felsige Küsten, viel Regenwald und einzelne vorgelagerte Felsen mit Vogelkolonien empfingen mich. Das Klima war subtropisch mit einer hohen Luftfeuchtigkeit. Für meine Begleiter, die mich an der Fähre empfingen, war es leicht mich zu erkennen, als einzige nicht asiatisch aussehende Person.
Ich wurde in eine kleine Lodge gebracht. Das Zimmer war schön und ich konnte auf der einen Seite das Meer und auf der anderen Seite direkt angrenzend den Regenwald sehen. Exotische Vogelgesänge waren zu hören. Da bis zum Abendessen um sechs noch Zeit war, begab mich sofort auf eine erste Erkundungstour in den Regenwald. Üppige Vegetation, viele Vögel sowie Krebse, die in einem Schneckenhaus wohnten waren die ersten Begegnungen mit dieser wunderschönen Landschaft.
Wenn es heißt die Deutschen wären pünktlich, so sind wir nichts gegen die Japaner. Um 17:59 klingelte mein Telefon und ich wurde informiert, dass mein Essen fertig ist.
Als ich in den gemütlichen Essensraum eintrat, erwartete mich ein gedeckter Tisch mit einer Vielzahl an Schüsseln mit den unterschiedlichsten Gerichten. Natürlich lagen nur Stäbchen bereit. Da ich (noch) nicht geübt darin war, begann ich etwas ungeschickt damit zu essen. Meine Gastgeber bemerkten dies sofort und brachten mir Besteck. Doch ich wollte keine Ausnahme und so zeigten sie mir den Gebrauch. Im Lauf der Reise konnte ich dann selbst einzelne Reiskörner mit den Stäbchen essen.
Für europäische Gaumen etwas ungewohnt, ist die Tatsache, dass selbst zum Frühstück Fisch, Fleisch, Meeresfrüchte, Algen, Reis, Suppe, rohe Eier und Gemüse gegessen wird. Dazu wird heißer grüner Tee serviert und erst danach gibt es Kaffee.
Da ich ein „süßer Frühstücker“ bin, gestehe ich ein, doch ganz froh zu sein, nun wieder mein Brot mit Honig und Marmelade zu haben :-)
Am nächsten Tag war geplant, dass mich eine Rangerin abholt um den höchsten Berg zu besteigen. Er liegt auf 463 m Höhe und dorthin führt nur ein kleiner steiler Pfad auf teilweise recht rutschigen Untergrund. Die ersten 30 Minuten waren die Hölle und obwohl ich gut trainiert bin, dachte ich zu dem Zeitpunkt, das schaffe ich nie…
Die Luftfeuchtigkeit war so hoch, dass ich kaum atmen konnte. Doch ich wollte mir nichts anmerken lassen und biss die Zähne zusammen. Meine Begleitung bemerkte es dennoch und gab mir den Rat sehr oft sehr kleine Schlucke Wasser zu trinken und tatsächlich danach wurde es deutlich besser. Ich begann mich zu akklimatisieren und den Aufstieg zu genießen. Unzählige Vögel, die wenig scheu waren, begleiteten uns. Alte große Oktopusbäume säumten den Pfad. Benannt nach ihren Wurzeln, die tatsächlich wie Oktopusarme herabhingen.
Endemische Schnecken fast transparent, und teilweise winzig klein mit einem noch kleineren Schneckenhaus entdeckten wir auf den Blättern. Sie erklärte mir, dass durch Menschen viele andere Arten eingeschleppt wurden und teilweise die Einheimischen verdrängen. Der Wald lag an diesem Tag in einem mystischen Nebel, typisch für Regenwälder auf höher gelegenen Bergen. Als wir nach 2,5 Stunden den Gipfel erreicht hatten, war außer dem Nebel nichts zu sehen. Zum Glück gab es dort oben eine Fotoansicht, wie der Blick aussehen würde, wenn man denn keinen Nebel hätte.
Auf dem Abstieg durften wir dann eine seltene Begegnung machen mit der höchst gefährdeten Taube, die nur dort lebt. Veilchentaube (Columba janthina), auch Violettscheiteltaube oder Schwarze Waldtaube genannt. Es gibt nur noch ca. 300 Exemplare und sie ist sehr selten zu sehen. Doch wir hatten Glück und später beneideten uns einige Einheimische um diese Begegnung.
Sie saß circa 2 Meter neben dem Pfad auf dem Boden (typisch für diese Vögel, daher sind sie leichte Beute für eingeschleppte Katzen) und flog auf einen Ast, als sie uns bemerkte. Doch wir verhielten uns ganz still und so begann sie sogar sich zu putzen und einige Zeit später zurück auf den Boden zu hüpfen um nach Nahrung zu suchen. Circa 20 Minuten währte unser Glück, dann war sie aus unserem Gesichtsfeld im dichten Wald verschwunden.
Ich lernte viel auf dieser Wanderung über die Tiere und Pflanzen dieses Ökosystems. Auch dass die verwilderten Katzen zwar eingefangen, aber nicht getötet werden. Sie kommen auf das Festland und man sucht nach Besitzern für sie.
In Japan gibt es hauptsächlich zwei Religionen (Shinto und den Buddhismus), die sehr eng mit der Natur verbunden sind.
So gehören etwa 119 Millionen der japanischen Bewohner dem Shinto an. Dem Buddhismus fühlen sich hingegen etwa 94 Millionen Japaner zugehörig. Anhänger des Shintoismus glauben daran, dass alles Leben auf der Erde aus der Natur kommt und auch in diese wieder zurückkehrt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Menschen, Tiere oder Pflanzen handelt. Jedes Leben hat nur eine kurze Verweildauer auf Erden und kehrt dann wieder zurück zu einem großen Leben.
Diese Einstellung zur Natur habe ich auf der gesamten Tour bei vielen Japanern erlebt und zeigt einmal wieder wie sehr die Medien ein Bild verzerren können. Denn ich hatte bis dato, wie viele andere auch, eher ein anderes Bild von Japanern im Kopf.
Geprägt durch die Medien, die sich fast ausschließlich auf den Walfang konzentrieren, wenn sie über Japan berichten und so gut wie gar nicht darüber, dass in diesem Land ebenso Braun-, und Schwarzbären in großer Zahl leben und es eine Vielzahl an japanischen Forschungsinstituten gibt, die sich für den Schutz der Meeressäuger einsetzen. Viele Japaner sind damit auch nicht mehr einverstanden. Das Whalewatching ist stark anwachsend und viele Japaner fahren nur deswegen auf die Ogasawara Inseln oder zu anderen Orten.
Damit möchte ich es nicht entschuldigen, denn das Walfang in unserer heutigen Zeit barbarisch und überholt ist, darüber sollte es keinen Zweifel geben. Doch das gilt für alle Länder, die dies noch praktizieren wie z.Bsp. auch die europäischen Länder Dänemark, Island und Norwegen.
Am Nachmittag lädt mich die Rangerin ein, mit ihren Freunden Kanu zu fahren. Dabei treffen sie oft auf Wale und Delfine, wie sie mir erzählt. Als wir uns am Strand treffen, sind die Wellen so hoch, dass es leider abgesagt werden muss. Dafür gehen wir zu einer Station, bei der die Eier der grünen Meeresschildkröte (auch mit dem gemeinen Namen Suppenschildkröte bezeichnet) geschützt werden und die geschlüpften Schildkröten ins Meer gelassen werden. Jedes Jahr kommen die Schildkröten an diesen Strand. Auch ein Teil des Meeres davor ist eingezäunt. Wenn alle Schildkröten da sind, schließen sie das Tor und lassen sie dann wieder frei, wenn alle ihre Eier im Sand eingegraben haben.
So können sie gewährleisten, dass alle Schildkrötenbabies später auch das Meer erreichen. Das geschieht nicht nur uneigennützig, denn Schildkröten werden auch gegessen. Und um den Bestand langfristig zu sichern, kümmern sie sich darum, dass möglichst viele das Meer erreichen, ohne vorher schon von durch viele Fressfeinde dezimiert worden zu sein.
In dem abgetrennten Bereich entdecke ich circa 10 Weibchen, die in der Zeit nachts an den Strand kommen um Eier zu legen. Sie sind sehr groß und wunderschön. Einige können bis zu 50 Jahre alt werden.
Am Abend bin ich von der kleinen Community eingeladen, die sich für den nachhaltigen Tourismus einsetzen. Es gibt immer wieder Pläne der Regierung einen Flughafen zu bauen, um die Inseln schneller zu erreichen. Er soll angeblich nur für die Einheimischen genutzt werden. Einige Einheimische sind dafür, weil sie in Notfällen schneller nach Tokyo kommen möchten und einige sind strikt dagegen, weil sie befürchten, dass dann der zunehmende Tourismus ihr Paradies gefährdet.
Ich hoffe, es kommt kein Flughafen, auch wenn ich die Ängste verstehen kann. Doch auch ich glaube, dass wenn er erst einmal gebaut ist, dann der zweite Schritt sein wird ihn für alle zugänglich zu machen. So kommen derzeit wirklich nur die, die 25 Stunden Schiffsanreise nicht abschreckt.
Am nächsten Morgen geht meine Fähre nach Chichijima. Dort werde ich 2 Tage sein. An der Fähre holt mich mein Begleiter ab und wir unternehmen eine kurze Rundtour ins Wal-, und Delfinforschungsinstitut und zu einer weiteren Schildkrötenstation. Am Abend werde ich mich mit einem Naturführer auf die Suche nach den zweitgrößten Flughunden der Welt und Schildkröten begeben.
Chichijima hat deutlich mehr Touristen und ist mit 2000 Einwohnern über viermal so groß wie Hahajima. Mir kommt es nach den Tagen auf der anderen Insel vor wie eine Großstatdt :-)
Wie bereits bei allen anderen Aktivitäten ist auch hier der Naturführer überpünktlich. Wie gut das dort nicht soviele südeuropäische Gäste sind. Die Japaner würden an deren lässigen „Manana-Manana-Mentalität“ verzweifeln…
Ein weiterer Gast aus Tokyo ist mit mir im Auto, um die Flughunde zu sehen. An dem Abend sind Abermillionen fliegender Ameisen unterwegs und entsprechend viele Kröten auf der Straße. Sie wurden vor vielen Jahren eingeschleppt und haben keine natürlichen Feinde. Daher vermehren sie sich prächtig.
Verzweifelt versucht der Naturführer alle zu umfahren. Ein schwieriges Unterfangen… Da der andere Teilnehmer Angst vor Insekten hat, verwandelt er sich vor unseren Augen zu einem Ninja-Kämpfer mit Tuch im Gesicht, Hut und langer Bekleidung. Dabei sind die Ameisen harmlos. Mit einer Lampe, die auch rotes Licht hat, um empfindliche Tiere nicht zu stören, gehen wir zunächst Richtung Strand.
Dort ist das Paarungsgebaren der Strandkrebse in vollem Gange. Vorsichtig gehen wir hintereinander um keinen zu zertreten. Plötzlich sehen wir einen Schatten und sind Augenzeuge einer seltenen Beobachtung. Eine Meeressschildkröte kommt aus dem Wasser an den Strand, um mach einem geeigneten Platz zur Eiablage zu suchen. Ihre Spuren sehen aus sie große Reifenabdrücke. Sie hören nicht gut, so dass es sie nicht stört, wenn wir leise sprechen, doch Licht stört sie und so schalten wir auch das Rote aus. Ein schwarzer Schatten bewegt sich nun vor uns auf dem Strand. Was für ein Erlebnis! Ich habe sehr großen Respekt vor dem was diese Tiere leisten!
Vorsichtig ziehen wir uns zurück und gehen zum Auto. Der Naturführer möchte uns ein weiteres Highlight zeigen, wenn er es findet – einen grün leuchtenden Pilz. Nach einer kurzen Fahrt steigen wir aus und schauen uns um, ob irgendwo ein grünes Licht zu sehen ist. Tatsächlich haben wir Glück, denn diese Pilze leuchten nur 1-2 Tage.
Es dient dazu Insekten anzuziehen, die sich dann nicht mehr von dem klebrigen Pilz befreien können. Unglaublich wie klein die Pilze sind zu dem Lichtkegel, den sie erzeugen.
Auf dem Weg zu dem Ort, wo er die Flughunde vermutet, halten wir am Hafen an. Dort wartet eine erneute Überraschung auf uns. Vom Licht der Straßen angelockte Fische, lockt wiederherum Mantas und Weißspitzenhaie nachts in das Hafenbecken. Riesige gefleckte Mantas schwimmen direkt vor unseren Füßen zusammen mit den Haien. Als Taucherin habe ich mir schon öfters gewünscht einmal große Mantas zu sehen und hier schwimmen sie direkt einen Meter vor meiner Nase herum – unglaublich.
Weiter geht die Tour und erstaunlicherweise fahren wir zurück in den Ort. Wir biegen in eine kleine Seitenstraße und gehen ein paar Meter. Sein roter Lichtkegel geht in die Baumspitzen und dort sind gerade 3 Flughunde damit beschäftigt Früchte und Blüten zu fressen. Sie sind riesig und bewegen sich wie kleine Affen in dem Baum. Als einer von ihnen wegfliegt wird noch deutlicher wie groß sie sind.
Die Tour ist hier zu Ende und wir sind glücklich was wir alles gesehen haben.
Der letzte Tag ist mit einer Bootstour zu den Delfinen verplant. Mit einer Damengruppe von 9 Japanerinnen gehe ich an Bord des kleinen Schiffes. Nach knapp 30 Minuten erreichen wir eine Bucht wo oft Delfine leben, die schon seit langem von den Biologen beobachtet werden. Wir könnten auch ins Wasser gehen, doch wir entscheiden uns an Bord zu bleiben, da man sie so besser beobachten kann.
Für viele Japaner ist das das Highlight ihres Urlaubes, einmal mit wilden Delfinen zu schwimmen.
Nach etwa 15 Minuten fahren wir weiter und ankern in einer kleinen Bucht. Der Naturführer führt uns auf den höchsten Punkt und erzählt über den Lebensraum der dortigen Vögel und Pflanzen. Vor dort aus können wir sehr gut einen Strand sehen, der übersät ist mit Schildkrötenspuren der letzten Nacht. Es ist die Zeit der Eiablage. Früh morgens gehen Ranger an den abgelegenen Strand, um mit zwei Stöcken die Stellen zu markieren, wo Nester der Schildkröten sind, um die Gelege zu schützen.
Am Nachmittag treffe ich mich dann mit Lily und erfahre, dass auch sie die gleiche Fähre zurück nimmt. Wir freuen uns weitere Zeit für Unterhaltungen zu haben. Auf dem Rückweg nach Tokyo wird sie seekrank und ist froh, dass ich sie durch unsere Gespräche etwas ablenken kann.
Karuizawa – Schwarzbären, Schneeaffen, Antilopen und fliegende Riesenhörnchen
In Tokyo angekommen, werde ich vom Direktor der Nationalparks abgeholt und wir fahren mit dem Auto ca. 3 Stunden in ein Gebiet in dem der asiatische Schwarzbär, japanische Serauen (japanische ziegenartige Antilopen), Riesen-Flughörnchen, Schneeaffen und viele andere seltene Tiere leben. Mit dem Shinkansen, dem japanischen Schnellzug in nur 74 Minuten von Tokyo ist es ein beliebtes Ausflugsziel der Japaner und begüterte besitzen dort ein zweites Haus für die Ferien.
Das Karuizawa Schutzgebiet wurde 1974 gegründet und wurde das erste Reservat seiner Art im Land. Man kann unter anderem 80 Vogelarten das ganze Jahr über hier sehen. Es ist ein wunderschönes Bergrefugium mit viel Wald. Die Region ist dafür bekannt strenge Regeln für die Hausbesitzer zu haben. Dadurch stehen die Häuser alle dicht umgeben von Bäumen und es ist sehr grün. Durch englische Missionare wurde die Architektur geprägt und in der Tat sieht es dort britisch aus.
Eines der Häuser im grünen Außenbezirk gehört der Bärenschutzorganisation für asiatische Schwarzbären. Sie setzen sich für eine Koexistenz zwischen Mensch und Bär ein. Derzeit sind etwa 30 Bären mit einem GPS-Sender ausgestattet, so dass die Biologen genau wissen wo sie sind. Auch sind um die Ferienhausgebiete, die teilweise mitten im Wald liegen Bärenfallen aufgestellt, in denen die Schwarzbären gefangen werden, um sie weiter weg von den Menschen in den Wäldern wieder frei zu lassen. Dafür hat die Organisation extra eigens konstruierte Fallen entwickelt, in denen sich die Tiere nicht verletzen und unnötig aufregen.
Zudem arbeiten sie mit karelischen Bärenhunden zusammen, die sorgsam als Welpen ausgewählt werden und viele Jahre sensibel darauf trainiert werden, zusammen mit ihrem Führer, die Bären in die Wälder zurück zu treiben. Die Hunde werden darauf ausgebildet nicht aggressiv zu sein, sondern ausschließlich durch Bellen und Mutigkeit dem Bär klarzumachen, dass er in die Wälder zurück kehren soll.
In Karelien und Finnland nimmt man diese Bärenhunde für die Jagd auf Bären und Elche, daher wählt man dort eher aggressive Hunde. Der Hundeführer lebt immer mit seinem Hund zusammen. Die beiden Hunde Tamma und Nanouk sind dann auch entsprechend freundlich und dem Menschen zugewandt. Sie gehen auch in Schulen mit den Hunden, um die Kinder zu lehren wie wichtig Bären sind.
Als wir ankommen gibt es eine Überraschung für mich. Sie haben einen Bären in einer Falle nahe eines Wohngebietes gefangen und werden ihn am nächsten frühen Morgen wieder frei lassen. Ich darf dabei sein, wenn sie ihn betäuben, untersuchen und besendern und auch, wenn er wieder in die Freiheit kommt. Ich freue mich riesig darüber. Dort leben ausschließlich asiatische Schwarzbären, auch Mond-, oder Kragenbär genannt, nach seiner Zeichnung auf der Brust. Männchen und Weibchen unterscheiden sich deutlich im Gewicht. Während männliche Tiere 110 bis 150 Kilogramm erreichen, wiegen weibliche Tiere nur 65 bis 90 Kilogramm.
In China, Vietnam und Korea erleiden diese Bären große Qualen, da man sie bewegungsunfähig in Käfigen hält und ihre Gallenflüssigkeit abzapft. Auch die Jagd hat sie in vielen Ländern stark dezimiert.
In Japan gibt es keine Trophäenjagd, so dass sie dort noch in ausreichender Zahl leben. Obwohl es sehr selten vorkommen kann, dass ein Kragenbär auch einen Menschen tötet, ist es für die Bewohner in Japan klar, mit ihnen zu leben. Die Bären ernähren sich zu 95 % vegetarisch. Das größte Problem ist es Touristen vom Füttern abzuhalten, sowohl bei den Braun-, als auch bei den Schwarzbären. Zu diesem Thema habe ich mich in meinem Blog und einem Zeitungsartikel ja bereits mehrfach ausführlich geäußert und hoffe, dass den meisten Menschen das Leben der Bären mehr wert ist, als ein Foto von ihnen, dass durch hingeworfenes Futter entstand und die Bären vielleicht dadurch getötet werden müssen.
Diese Bärenorganisation genießt weltweit einen hervorragenden Ruf mit ihrer Arbeit und trägt maßgeblich dazu bei, das eine Koexistenz möglich ist.
Als wir an der Falle ankommen, leuchten wir vorsichtig hinein, sofort kommt ein wütendes Fauchen und er haut mit der Pranke von innen gegen die Tür. Um ihn nicht unnötig zu stressen wird er schnellstmöglich mit einem Blaspfeil narkotisiert. Das Team arbeitet konzentriert, erfahren und jeder kennt seine Schritte die unternommen werden müssen. In wenigen Minuten ist der Bär eingeschlafen. Als klar ist, dass wir die Tür öffnen können, bekommt er einen Augenschutz und wird heraus gehoben. Schnell und leise wird er vermessen, gewogen und markiert. Zum Schluss erhält er einen Sender und wird wieder vorsichtig in die Falle gelegt. Damit er nicht, noch beeinträchtigt durch die Narkose, aus Versehen auf Straßen läuft oder sich anderweitig verletzt, bleibt er bis zum nächsten frühen Morgen in der Falle.
Wir stehen um 4 Uhr auf und fahren mit einem Team zusammen mit dem Bär in der Falle weit weg in ein großes Waldgebiet. Dort bauen wir ein Gerüst auf, auf das wir gehen, bevor durch ein Seil die Fallentür geöffnet wird. In der Vergangenheit haben einige Bären umgedreht und sind in Richtung des Teams gelaufen. Sowie der Bär aus der Falle ist, kommt der karelische Bärenhund und sein Hundeführer zum Einsatz. Sie laufen hinter dem Bären her und treiben ihn schnell weiter in den Wald. Er soll möglichst lernen, sich von Menschen zukünftig fernzuhalten.
Es ist ein tolles Gefühl dabei sein zu dürfen, wenn so ein majestätisches Tier wieder in die Freiheit entlassen wird. In solchen Momenten weiß ich ganz genau, dass es richtig war mit Mitte 40 mein Leben auf den Kopf zu stellen und neu zu beginnen um Perlenfänger zu gründen!
Am Nachmittag bin ich mit Hiroo, einem erfahrenen Bärenbiologen, unterwegs. Wir reinigen die Falle gründlich und hängen den Köder befüllt mit Honig hinein. Es ist meine Aufgabe in die Falle zu kriechen und den Köder aufzuhängen. Hiroo witzelt dabei herum, das er mich mitgenommen hat, weil ich die perfekte Größe dafür habe in die Röhre zu kriechen…
Die Reinigung muss sehr pingelig erfolgen, denn wenn vorher ein Männchen drin war, geht ein Weibchen auf keinen Fall dort hinein. Andersherum ist es nicht so wichtig. Der Geruch von Weibchen lockt sie sogar eher noch hinein. Die Fallen stehen in Waldgebieten mit Häusern, um Konflikte zu vermeiden.
Auch lerne ich das Telemetriegerät kennen, mit dem die besenderten Bären ausfindig gemacht werden und ich gehe mit Hiroo in den Wald um eine Fotofalle auszuwerten. Er ist ein sehr freundlicher und ruhiger Mensch, der Bären liebt und alles dafür tut, dass sie neben uns Menschen existieren können. Schon im Studium hat er sich für die Bären entschieden.
Überhaupt ist das ganze Team hervorragend. Es herrscht eine freundliche Atmosphäre und ich merke sofort, dass ich es hier wirklich mit Experten zu tun habe. Jampai der Hundeführer mit der Bärenhundedame Tamma ist ein Pott und ein Deckel mit seiner Hündin. Ich sitze bei einigen Fahrten zusammen mit ihr auf dem Rücksitz und sie legt freundlich ihr Gesicht auf mein Bein. Jampai war einige Monate in den USA um die sensible Ausbildung mit diesen Hunden zu erlernen und hat viel Erfahrung damit.
Am nächsten Tag erreicht uns ein Notruf. Ein Bär ist in der Schlingfalle für Hirsche gefangen. Da die Hauptinsel Honshu dichter besiedelt ist als Hokkaido ist die Jagd auf die Hirsche mit dem Gewehr verboten, damit niemand verletzt wird. Die Hirsche haben keine natürlichen Feinde, die Bären ernähren sich überwiegend vegetarisch und somit gibt es zunehmend Probleme mit der hohen Anzahl an Sika-Hirschen. Wölfe gibt es nicht mehr in Japan, die dieses Problem lösen könnten, so legen die Jäger dort Schlingfallen für die Hirsche aus. Doch ab und zu gelangt auch ein Bär hinein. Da die Jäger jedoch überwiegend verantwortungsvoll handeln, kontrollieren sie die Fallen täglich und verhindern damit größere Verletzungen der Tiere.
Der Ort ist 70 km entfernt, sofort macht sich ein Team bestehend aus 3 Mann plus Jampai mit seiner Hündin Tamma auf den Weg. Ich darf auch mit.
Als wir ankommen, sind die Jäger vor Ort sowie einige Offizielle von der Behörde. Ich bleibe zunächst mit einem Begleiter zurück, da man nie weiß wie sich der Bär verhält. Das Team trägt in diesem Fall Helme mit Gesichtsschutz, ein Schild und Handschuhe. Das Narkosegerät mit dem Pfeil wird ebenfalls mitgenommen.
Nach einiger Zeit kommt einer vom Team zurück und teilt mit, dass die Vorderpfote nicht gut aussieht. Offensichtlich handelte es sich um einen unerfahren Jäger, der erst vor 3 Tagen das letzte Mal die Falle kontrolliert hat. Es ist ein junger Bär, gerade von der Mutter entwöhnt, ca. 2 Jahre alt. Er hat verzweifelt versucht freizukommen, dadurch hat sich die Schlinge tief ins Fleisch geschnitten.
Alle sind sehr betroffen, bleiben jedoch konzentriert und arbeiten zügig. Ich darf zu dem Platz an dem der Bär gefangen ist mitkommen und leide still mit dem Tier. Nachdem er betäubt wird, behandeln sie seine Wunde, geben im Antibiotika und markieren ihn. Er kommt in einen Käfig auf dem Auto, damit er tief im Wald wieder freigelassen werden kann. Schweigend fahren wir hinter dem kleinen Transporter her. An einer geeigneten Stelle legen sie ihn vorsichtig in den Schatten. Er ist mittlerweile wach und noch benommen.
Alle von uns sind sehr traurig. Doch gerade Hiroo merke ich an, wie sehr er mit dem kleinen Bären mitleidet. Er gibt ihm noch Wasser und kühlt seinen Körper damit. Der kleine Bär ist sichtlich verstört und erschöpft.
Eine Auffangstation für verletze Wildtiere gibt es nicht. Dafür wird, wie in vielen Ländern, bei den Regierungen kein Geld ausgegeben.
Hiroo führt noch ein eindringliches Gespräch mit dem Jäger das er jeden Tag die Falle zu kontrollieren hat. Mehr kann er nicht tun, Strafen gibt es für diese Jäger nicht. Sich mit ihm anzulegen wäre auch unklug, denn sonst würde er einen Bären beim nächsten Mal eher töten und nicht mehr anrufen. Das Vertrauen zu den Jägern ist sehr wichtig, damit sie auch zukünftig melden, wenn einer zufällig in eine Hirschfalle geraten ist. Denn meistens gibt es keine größeren Verletzungen, wenn man rechtzeitig reagieren kann.
Wir hoffen für den kleinen Bären das Beste und machen uns auf den Rückweg. Auch damit müssen diese Menschen der Bärenschutzorganisation umgehen und es verarbeiten.
Während der Rückfahrt sitzen alle schweigend im Auto. Plötzlich fragt mich Hiroo was ich dazu denke. Ich antworte klar, aber ohne möglichst meine Wut über den Jäger allzu deutlich auszudrücken, dass ich es einerseits positiv finde, dass sich der Jäger an die Organisation gewandt hat, doch auch das ich wütend darüber bin, dass der Jäger die Falle nicht täglich kontrolliert hat. Gerade Schlingfallen erfordern ein Höchstmaß an Verantwortung und durch sein Fehlverhalten hat er diese Situation für den Bären hervorgerufen und das ich finde, dass es Konsequenzen für dieses Fehlverhalten geben sollte.
Leise sagt er: „Danke für Deine Meinung und Offenheit“. In Japan ist es nicht üblich laut seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und dadurch das ich es als Außenstehende so deutlich ausformuliert habe, habe ich so indirekt und unbeabsichtigt auch für ihn gesprochen, da er dasselbe gedacht hat…
Später reden wir noch ausführlicher darüber und er erzählt mir wie schwer es manchmal ist, sich zurück halten zu müssen in solchen Situationen.
Was diese Menschen dort leisten ist unfassbar viel und sehr, sehr wichtig. Umso bedauerlicher ist es, dass Regierungen dies nicht mit mehr Geld unterstützen. Es wird soviel für Sinnloses investiert, doch im Artenschutz wird ständig gespart!
Nach diesem traurigen Erlebnis bin ich froh das am Abend eine Tour zu den fliegenden Riesenhörnchen geplant ist. Sie werden bis zu 80 cm groß und können bis zu 150 m weit fliegen. Es sind die größten Hörnchen dieser Art und sie sehen unfassbar niedlich aus. Die Japaner lieben sie und oft sind die der Aufhänger während so einer Tour dies als Einstieg zu nehmen die Menschen für die Natur, die Schwarzbären und alle anderen Tiere zu begeistern und zu sensibilisieren.
Die Bärenorganisation ist auch ein Netzwerk aus Naturführern, die unterschiedliche Touren zu verschiedenen Themen durchführen.
Ein junger sehr gut englisch sprechender Naturführer, der die §flying Squirrels“ liebt, hält zunächst einen lebendigen Vortrag zu den Tieren. Danach geht es mit einem Fernglas raus zu den Nestern, in denen sie im Baum leben. Es sind kleine Kameras installiert, in denen wir sie beobachten können, ohne zu stören. Pünktlich wie die Japaner selbst, kommen sie, wenn es dunkel wird, immer zur selben Zeit aus dem Nest. Wir sind live dabei, wie es sich putzt, reckt und dann den Kopf raustreckt. Auf einmal sitzt dieses Riesenhörnchen auf dem Nistkasten, klettert zum höchsten Punkt im Baum und gleitet völlig lautlos in die Nacht. Ein wunderschönes Erlebnis!
Am nächsten Morgen gehe ich mit dem gleichen Naturführer in den Wald auf Erkundungstour. Er zeigt mir durch Aufnahmen einer Fotofalle, welche Tiere nachts dort waren. Ein Schneeaffe, eine Seraue (ziegenartige Antilope) und ein Bär kreuzten den Weg der Lichtschranke. Wir entdecken viele Vögel, Spinnen, Frösche und Kaulquappen. Auf einmal entdecken wir mitten auf dem Weg ein perfektes Paket aus Blättern. Er zeigt mir ein Bild eines Käfers, der dies herstellt. Er legt nur ein Ei hinein und um es bestmöglich zu schützen hat er ein ausgeklügeltes System wie das Blatt zum Paket wird. Dazu hat er auf einem Tablet einen Film dabei. Sagenhaft wie der Käfer das macht! Der Wald ist wunderschön und geschützt. Er liegt direkt angrenzend am Büro der Bärenorganisation und eines Informationszentrums für Natur.
Auf dem Rückweg kommen wir noch an einem Nistkasten vorbei, auch hier ist eine Kamera drin und wir sind Zeugen wie 10 Meisenkinder gefüttert werden. Ein tolles Erlebnis wie hier Menschen an die Natur herangeführt werden. Am letzten Abend geht es dann noch auf Nachtsafari. Mit einem Auto das Strahler an der Seite hat fahren wir in ein Waldgebiet hinter einem Resort. Dort leben Hirsche, Wildschweine, Bären, Füchse, Eulen und andere Tiere. Dort darf nicht gejagt werden, daher sind die Tiere angstfrei und lassen sich nicht durch unser Licht stören. Wir sehen an dem Abend über 12 Hirsche, können ein Wildschwein längere Zeit aus nächster Nähe erleben und begegnen einem Fuchs.
Beim Abschiedsdinner mit dem Team der Bärenorganisation und dem Naturführer für die flying Squirrels werde ich etwas wehmütig morgen weiter nach Hokkaido zu fahren. Sie sind alle so freundlich, engagiert und lieben die Natur – einfach ganz tolle Menschen, bei denen ich gerne noch länger geblieben wäre!
Der Naturführer Taki bringt mich noch zum Bahnhof, auf dem Weg sehen wir einen Schwarzmilan der dicht über uns seine Kreise zieht. Taki begleitet mich noch selbstverständlich zum Gleis und ich bin mal wieder erstaunt wie höflich und hilfsbereit die Menschen in Japan sind.
Die Fahrt im Shinkansen ist dann auch ganz anders als in unseren Zügen. Er ist sehr pünktlich, die Menschen stellen sich in einer Reihe zum Einsteigen an und auch während der Fahrt ist alles sehr strukturiert. Niemand telefoniert laut und nervt damit die Mitreisenden, alle verhalten sich höflich und freundlich. Jemand rutscht sofort einen Platz weiter, nur damit ich meinen Rucksack abstellen kann, ohne das ich ihn darum bitten muss.
In Tokyo angekommen, fahre ich mit der U-Bahn in mein Hotel für eine Nacht, um am nächsten Morgen weiter nach Hokkaido zu fliegen. Dort werde ich den Shiretoko Nationalpark sowie ein Sumpfgebiet kennen lernen.
Hokkaido – Ainu Kultur, Braunbären, Orcas und der Shiretoko Nationalpark
Hokkaido hat eine ganz andere Struktur als Honshu. Dort leben die Menschen viel weiter zerstreut, die Landwirtschaft ist vorherrschend und auch die Natur ist anders. Hokkaido ist sehr kalt im Winter, das Klima im Sommer angenehm. Man spürt die Nähe zu Kamschatka. Hokkaido wurde erst vor 150 Jahren von Japanern besiedelt und verdrängte damit weitestgehend die Ureinwohner auch Ainu genannt. Einige von ihnen leben dennoch immer noch in ihren alten Traditionen und Gebräuchen.
Biologen fanden heraus, dass viele Braunbären, die hier leben eine identische DNA mit den Grizzlys in Amerika haben. Es gibt verschiedene Theorien wie sie über kleine Inseln, die sich wie eine Perlenkette aufreihen in kalten Wintern über das Eis aus Alaska kamen.
Hokkaido ist die Heimat von Braunbären, dem seltenen Manschurenkranichen, dem großen Fisch-Uhu, Füchsen, im Winter von den größten Adlern der Welt, den Riesenadlern aus Sibirien und natürlich leben auch hier Hirsche. Es gibt große Sumpfgebiete mit einer Vielzahl an Vögeln und vor den Küsten ziehen Orcas, Wale und Delfine vorbei. Das Gewässer ist reich an Lachsen, daher auch die Heimat der Seeotter und Robben. Die Vulkane sind auch hier sehr präsent.
Wir fahren 2 Stunden vom Flughafen Memambetsu in den Shiretoko Nationalpark, auch Unesco Weltkulturerbe.
Shi-re-to-ko heißt wörtlich: “ Da, wo die Welt endet”. Diesen Namen erhielt die Region von den Ainu, den Eingeborenen. Es ist eine Landschaft mit unberührter Natur und wo der Mensch noch nicht bis in den letzten Winkel vorgedrungen ist. Viele Gebiete sind den Bären vorbehalten und die Menschen sind angehalten sie nicht zu stören. Überall wird darauf verwiesen sie nicht zu füttern und da auch hier die Trophäenjagd verboten ist, hat man gute Chancen Bären zu sehen. Füchse sind allgegenwärtig und laufen nicht selten direkt neben der Straße in einer Seelenruhe. Diese Naturlandschaft hat sehr viel zu bieten: Von Vulkanen bis hin zu tiefen, klaren Seen, Hot Springs und atemberaubende Steilküsten, schneebedeckte Berge auch im Sommer und leuchtend grün-blaues Wasser. Man kann Kanutouren unternehmen, wandern und natürlich auch die Kultur erleben.
Auf der Halbinsel im äußersten Norden liegt Utoro. Es liegt im ständigen Wettstreit mit Rausu wer sie schönere Natur zu bieten hat. Rausu ist ein kleines Dorf auf der anderen Seite der Berge. Utoro ist das Zentrum des Tourismus, während Rausu eher beschaulich geblieben ist. Doch auch in Utoro ist die Tradition der Ainu präsent.
Auf dem Weg zu meiner Unterkunft treffen wir auf einen alten Bekannten, wie mir mein Begleiter erzählt. Es ist ein Seeadler, der sehr oft auf dem selben Felsen direkt am Meer sitzt und nach Beute Ausschau hält. Sie haben zur zeit Junge zu versorgen.
So wohne ich denn in einer kleinen Lodge, geführt von Ainus. Sie ist einfach, aber sehr authentisch. In der Lodge läuft traditionelle Musik der Ainu. Mein Zimmer ist mit Bambusmatten ausgelegt und mein Bett befindet sich in Form eines Futons im Schrank. Lediglich zwei Sitzkissen und ein kniehoher Tisch sind das Mobiliar. Im Schrank liegt ein Yukata, ein traditioneller Schlafanzug der Japaner. So erlebe ich dann beim Abendessen auch eine Überraschung, als die anderen Gäste im Yukata erscheinen. Mir als „Langnase“ wird dieser Fauxpas jedoch großzügig verziehen.
Während des Essens erscheint die Mutter der Lodgebetreiber, sie ist eine fröhliche und aufgeweckte Frau. Während wir essen erzählt sie auf japanisch über ihre Ainutraditionen und zeigt uns einige kleine Instrumente, die sie um den Hals in einer kleinen Stofftasche trägt. Als sie darauf zu spielen beginnt wird es ganz still im Raum und hinterher gibt es Applaus.
In wenigen englischen Worten und mit Unterstützung anderer Gäste übersetzt sie für mich, was sie uns erzählt. Später gehe ich noch nach nebenan, wo sie einen Laden betreibt mit handwerklichen schönen Sachen, gefertigt von Ainus und ich lerne in ihrer Sprache „Gute Nacht“ zu sagen…
Hokkaido hat den Ruf den besten Fisch Japans zu haben, so ist auch hier die Ernährung hauptsächlich Fisch und Meeresfrüchte in allen Variationen, zum Frühstück, Mittag und Abendessen.
Am nächsten Morgen wollen wir zu einem Wasserfall fahren, an dem die Kirsch-Lachse versuchen ihn zu überwinden. Es ist unglaublich was diese Fische für einen Willen und eine Kraft haben müssen, um dies immer wieder zu versuchen. Bei dieser Lachsart schwimmen nicht alle zurück ins Meer, einige bleiben einfach dort und ersparen sich die anstrengenden, gefährlichen Wege. Sie müssen Fressfeinden, Angeln und Netzen entkommen, um an ihren Geburtsort zurückkehren zu können.
Doch bei der Rückkehr der Lachse aus dem Meer, zeigt die Natur wieder einmal ihre Wunder. Diese Kirschlachse sind fast doppelt so groß und schwer und haben daher die besseren Chancen sich fortzupflanzen. Die Natur belohnt die Mutigen…
Am Abend fahren wir auf Nachtsafari mit einem Naturführer. Er möchte versuchen mir den 70 cm großen Fisch-Uhu zu zeigen und vielleicht treffen wir auch auf Bären. Diese Uhuart lebt an Flüssen und fängt Fische. Leider zeigt er sich an dem Abend nicht und auch die Bären haben sich rar gemacht… Dafür sehen wir einige Füchse und Hirsche.
Am nächsten Morgen möchten wir von Rausu aus zu einer Whalewatching Tour aufbrechen, doch die hohen Wellen machen uns einen Strich durch die Rechnung. Wir sollen 2 Tage später wieder kommen, dann ist die Wettervorhersage phantastisch.
Doch bei dieser Vielzahl an Naturschönheiten fällt es nicht schwer sofort eine Alternative zu finden.
Am äußersten Nordzipfel des Shiretoko Nationalparks liegt eine kleine Halbinsel. Dort leben Robben und viele Vögel. Also buchen wir eine Bootsfahrt und tatsächlich auf einer Sanddüne liegen sie gemütlich wie Strandtouristen. Allerdings halten sie wie im Halbmond alle ihre Schwanzflossen nach oben. Ich stelle es mir sehr anstrengend vor und wir witzeln herum, ob das wohl ein Robben-Fitnesscenter ist.
Ungewohnt für mich ist der ständig sprechende Kapitän über einen lauten Lautsprecher, ohne Pause gibt es Infos auf japanisch. Die Robben scheint es nicht zu stören…
Nach der Tour brechen wir auf, um in das 200 km entfernte Kiritappu Sumpfgebiet zu fahren. Es geht durch Landschaften, die mich teilweise an Kanada oder den Nordwesten der USA erinnern. Farmen mit halbrunden Dächern gegen die Schneelast im Winter sowie überall Friesenkühe auf den Weiden. Manchmal könnte es auch Bayern sein, wenn die Kühe nicht schwarz-weiß wären. Die Straßen sind schnurgerade und mein Begleiter erzählt mir, dass dies typisch für diesen Teil Japans ist.
Zwischendurch halten wir auch hier, wie schon in Honshu, zum Mittag in kleinen typischen japanischen Restaurants. Ich erfahre das nicht Sushi allgegenwärtig ist, wie bei uns, sondern Ramen (Gerichte aus der japanischen Nudel) oder Currys. Diese Gerichte schmecken mir auch sehr viel besser und ich empfehle jedem dies einmal auszuprobieren, wenn er in Japan ist.
Wetlands – die Heimat der Manschurenkraniche
Als wir an der Lodge ankommen bin ich sofort begeistert. Ein sehr schönes Holzhaus direkt am Meer mit den Sümpfen auf der Rückseite. Große helle Fenster, schönes Interieur und ein wahnsinnig nettes Ehepaar, die das Haus selber gebaut haben. Mein Zimmer geht nach hinten raus und ich habe einen sagenhaften Blick auf die Wetlands. Viele bunte Wildblumen blühen zwischen der sumpfigen Weite. Nach dem extrem leckeren Abendessen, zeigt uns der Lodgebetreiber Uriata ein paar Dias zu dem Naturgebiet sowie über seine Entwicklung wie er vom Fischer zum Naturschützer und Naturführer wurde. Sie haben mit viel Eigeninitiative und Unterstützung von Sponsoren einen großen Teil der Sümpfe gekauft, um sie zu schützen. Dort lebt unter anderem der seltene Manschurenkranich und viele weitere seltene Tiere und Pflanzen. Neben seiner Lodge hat er ein Naturinformationszentrum gebaut mit einem kleinen Café. Auch dies ist sehr sympathisch und fügt sich perfekt in die Architektur der Lodge ein.
Danach lädt er uns auf ein japanisches Bier und Sake ein. Wir lachen viel und reden über Naturschutz, das Reisen, die japanische Reisekultur in Gruppen und was wir morgen eventuell sehen können. Er ist viel in Europa rumgereist und ein umtriebiger, sehr sympathischer und wacher Mensch.
Morgens um 7:30 fahren wir gemeinsam mit ihm los auf der Suche nach dem seltenen Manschurenkranich. Weiß und Schwarz mit einem roten Scheitel. Er ist ein heiliger Symbolvogel für die Japaner. Es soll sogar ein Paar geben, das zwei Küken hat, so erzählt er uns. Sie leben monogam und sind ständig dort.
Erst kürzlich hat er ein kleines Häuschen aufgestellt am Rande eines Sees, in dem seine Gäste in aller Ruhe sitzen können um die Natur beobachten zu können.
Mit dem Fernglas entdecken wir 2 Manschurenkraniche, die sich den See mit Graureihern teilen. Sie waten durch das Wasser auf der Suche nach Nahrung. In meiner Heimat leben einige graue Kranichpaare das ganze Jahr hindurch, so dass mir die Rufe dieser erhabenen Vögel sehr vertraut sind.
Doch er möchte uns die kleine Sensation zeigen und wir fahren in das Gebiet, in dem das Paar zwei Küken hat. Als wir ankommen, stehen dort schon zwei Japaner mit riesigen Objektiven und fotografieren tatsächlich die 4-köpfige Familie. Die Küken erinnern mich an Straußenküken. Sie haben unheimlich lange und stabile Beine. Ihr Hellbraun ist perfekt für die Tarnung im braunen Schilf. Die Eltern holen permanent Fische aus dem See, die die Küken gierig fressen. Eines der Elterntiere geht zum Ufer und legt den Fisch gesäubert auf den Boden. Die Kleinen sollen lernen ihn selber aufzunehmen. Es ist ein wunderschöner Moment diese stolzen Tiere beobachten zu dürfen.
Das andere japanische Ehepaar spricht uns an. Als sie erfahren, dass ich aus Deutschland bin, erzählen sie, dass sie schon an der Nordsee waren, um dort die Vögel zu beobachten. Ich darf durch ihr riesiges Objektiv sehen und bin beeindruckt wie nah man sie damit sehen kann. Danach geht es zur Steilküste, hier so erzählt Uriata San, sollen oft Seeotter sein. Leider nicht an dem Tag, aber die Küste ist wunderschön und es sieht aus wie an der schottischen oder irischen Küste.
Dann ist es Zeit „Auf Wiedersehen“ zu sagen und ich verspreche wieder zu kommen. Abends erreiche ich die Ainu Lodge erneut und freue mich auf das Whalewatching morgen früh. Doch zuvor erleben wir noch eine Überraschung. Als wir durch die Berge nach Rausu fahren, ist direkt neben der Straße ein Braunbär dabei nach Nahrung zu suchen. Wir können ihn länger aus der Nähe beobachten, bevor er über ein Schneefeld zwischen den Bäumen verschwindet…
Nordspitze des Shiretoko Nationalparks – die Heimat der Braunbären, Orcas und Riesenseeadler!
In Rausu angekommen, empfängt uns schon der Besitzer des Whalewatchingbootes. Auch er war früher Fischer, bevor er sich entschloss dies aufzugeben und Walbeobachtungen anzubieten. In seinem Office hängen schöne Bilder von Pottwalen, Orcas, Delfinen und Riesenadlern. Stolz erzählt er mir, dass bereits das Team vom „Ersten“ und „National Geographic“ bei ihm waren, um von seinem Boot aus die Orcas, Wale, Riesenseeadler und andere Tiere zu filmen.
Die Orcas, die dort leben, sind sehr gut erforscht und werden schon lange beobachtet. Er hat die Info erhalten, dass sie sich heute morgen auf den Weg gemacht haben die Bucht zu verlassen, so dass Eile geboten ist aufzubrechen. Orcas schwimmen schnell und die Wellen außerhalb der Bucht sind zu hoch für das kleine Schiff.
Wir gehen zum Hafen und haben Glück, ganz oben auf dem Boot sind noch zwei Plätze in der ersten Reihe frei. Ca. 50 Menschen finden Platz, es gibt ein kleines Unterdeck wo man drinnen sitzen kann, oder auf dem Oberdeck unter freiem Himmel. Direkt neben mir steht der Guide, sie hat ein großes Fernglas und hält permanent Ausschau. Zwischendurch erklären sie und ihre Kollegin Wissenswertes über die dort lebenden Wale. Manchmal so erzählt mir mein Begleiter hat er es schon erlebt, dass nach nur 5 Minuten die Orcas zu sehen waren und man sie lange beobachten konnte. Doch in dieser Zeit schwimmen sie häufig weit weg und es bedarf Glück. Dafür kommen in circa 2 Monaten die Pottwale um sich dort satt zu fressen. Das Meer ist tief in der Bucht und sie finden die großen Kalmare, ihre Lieblingsspeise. Auch Minkwale und Delfine leben ständig dort. Die Seeadler sind allgegenwärtig und im Winter kommen die Riesenseeadler aus Sibirien zum überwintern.
Der Motor des Schiffes gibt alles, was er kann, um noch rechtzeitig die Orcas zu erreichen, bevor sie das offene Meer erreichen. Von weiten sehen wir 2 weitere kleinere Boote, die sich parallel fortbewegen. Dort sollen die Orcas sein. Und wirklich, mit dem Fernglas sehe ich einen gewaltigen Sprung eines Orcas. Als wir näher kommen, werden die anderen Besucher unruhig, von hinten drängen sie nach vorne um die Orcas zu sehen. Ich bin wieder die einzig nicht asiatisch aussehende Person. Die Japaner interessieren sich sehr für die Wale und für viele ist es ein absolutes Highlight an so einer Tour teilzunehmen.
Mächtige Finnen schauen aus dem Wasser und rasen mit atemberaubender Geschwindigkeit durch das Wasser. Zwischendurch tauchen ihre großen Körper aus dem Wasser auf, einige springen sogar. Die Menschen an Bord sind euphorisiert. Ich vergesse zu fotografieren, nehme lieber das Fernglas, um jeden Moment auch wirklich hautnah erleben zu können. Nach einer knappen halben Stunde müssen wir umkehren, sonst kommen wir zu weit ins offene Meer. Auf dem Rückweg erzählt uns der Guide, dass auf der Fahrt auch ein Minkwal gesichtet wurde. Dieser war jedoch zu weit weg und die Orcas hatten Vorrang.
Ich schaue während der gesamten Zeit mit dem Fernglas auf das Meer. Einige schöne Seevögel mit knallroten Füßen kreuzen unseren Weg, doch von dem Minkwal ist keine Spur mehr zu sehen.
Als wir den Hafen erreichen, sitzt ein Seeadler direkt an der Hafenmauer. Es bleibt nicht viel Zeit, denn am Nachmittag werde ich noch eine weitere Bootsfahrt unternehmen. Dieses Mal geht es von Utoro Richtung Nordspitze der Halbinsel. Damit hätte ich dann an einem Tag sozusagen eine Rundtour um den nördlichen Teil der Halbinsel gemacht. Denn am Morgen sind wir auf der anderen Seite der Küste bis zur Nordspitze gefahren und somit über Land durch die Berge einmal im Kreis gefahren…
Diese Tour hat den Fokus auf die Steilküsten und steinigen Strände, an denen fast immer Braunbären zu sehen sind. Sie suchen nach Nahrung und fühlen sich durch ein Schiff weder bedroht noch gestört. Die meisten Teilnehmer gehen auf das Oberdeck, ich bleibe jedoch direkt unten ganz vorne am Bug und habe den Luxus dort ganz alleine zu sitzen. Dieses Mal sind sogar zwei weitere „Langnasen“ an Bord. Der Anblick ist etwas ungewohnt für mich, nachdem ich mich bisher 14 Tage nur unter Asiaten aufhielt.
Die Küste ist umwerfend schön und der Kapitän erzählt auch hier ohne Unterlass etwas über die Natur. Leider verstehe ich kein japanisch und so rauschen die Worte an mir vorbei. Es geht entlang an Wasserfällen, Höhlen, riesigen Schluchten, dem Ausblick auf Vulkane und steinigen Strandabschnitten. Das Wetter ist sonnig und klar. Wir haben eine fantastische Sicht mit wenig Wellengang auf dieser Seite der Halbinsel.
Plötzlich kommt ein Mitarbeiter des Bootes zu mir und zeigt auf einen kleinen braunen Fleck am Strand. Es ist ein Braunbär. Das Schiff fährt langsam näher und wir können den Bären gut beobachten. Gemächlich geht er am Strand entlang, schaut hier und da, ob er etwas zu fressen findet.
Sie haben also nicht zu viel versprochen, als sie zu Beginn der Tour auf eine 90 % Rate verwiesen Bären zu sehen.
Doch es sollte noch besser kommen. Nach gut einer halben Stunde treffen wir auf eine Bärin mit einem Jungen und kurze Zeit später sogar auf eine Bärin mit 3 Jungen.
Überwältigend!
Als wir den Endpunkt der Tour am äußersten Nordzipfel der Halbinsel erreichen, tauchen plötzlich fröhliche Delfine auf und begleiten uns ein Stück. Ich bin überglücklich. Die Rückfahrt geht weiter weg von der Küste, so dass das Meer in den Fokus rückt. Zwischenzeitlich hat sich eine Französin zu mir auf die Bank gesetzt und wir kommen ins Gespräch. Sie macht ein Jahr „Work and Travel“ in Japan und arbeitet zur Zeit in einem Hotel in Utoro. Auch sie hat wie ich, Heißhunger auf ein süßes Frühstück mit Croissant und Marmelade, aber andere Länder – andere Sitten!
Als ich an ihr vorbei auf das Meer schaue, traue ich meinen Augen kaum, da war gerade ganz dicht am Boot ein Wal aufgetaucht. Es war ein Minkwal, vielleicht der, den wir am Morgen auf dem anderen Schiff verpasst haben?!
Selbst der Kapitän hatte ihn nicht bemerkt, als ich wild mit den Armen fuchtel und in die Richtung zeige, kommt ein Mitarbeiter zu mir. Mit Händen und Füßen und unter Hilfe der Fränzösin kann ich im sagen, dass ich gerade einen Minkwal gesehen habe. Es war offensichtlich allen auf dem Boot entgangen. sofort dreht er um und fährt in die Richtung, doch er taucht nicht mehr auf. Ich bin dennoch glücklich, ihn wenigstens einmal gesehen zu haben.
Die Zeit in Japan ist viel zu schnell umgegangen, denn dies war bereits mein letzter Tag. Morgen sollte ich noch eine Nacht in Tokyo verbringen, bevor es dann nach insgesamt 15 Tagen zurück nach Deutschland geht.
Meine Begeisterung für Japans wilde Seite, nachdem ich die Naturdoku im Fernsehen gesehen hatte, hat sich voll und ganz bestätigt.
Auf dem Rückweg spreche ich lange mit dem Direktor über die Pläne dies in einer zukünftigen Naturrundreise so schnell wie möglich umzusetzen. Er ist sehr glücklich darüber, denn es ärgert ihn, dass Japan oft nur auf die Städte reduziert wird oder auf den Walfang.
Japan ist nicht nur ein extrem sicheres und freundliches Reiseland, es ist auch eines der vielfältigsten, dass ich bisher bereist habe. Man kann spielend alle Klimazonen erleben, vom arktischen bis hin zum subtropischen.
Die Vielzahl der Wildtiere ist überwältigend und durch die zum Glück fehlende Trophäenjagd, sind die Tiere entspannt und wenig scheu.
Am Flughafen in Memambetsu erlebe ich abschließend noch einmal ganz eindrücklich wie sicher Japan ist. Ein rotes Ferrari-Cabrio steht offen und mit laufendem Motor vor dem Flughafengebäude. Der Besitzer ist weit und breit nicht zu sehen. Nachdem ich nach geraumer Zeit mein Gepäck aufgegeben habe, schaue ich mich noch einmal um und sehe den Ferrari dort immer noch unbeaufsichtigt stehen…
Mit der Frage im Kopf, wie lange so etwas wohl in anderen Ländern der Welt funktionieren würde, steige ich in die Maschine nach Tokyo…
Doch am meisten hat mich dieses Land durch die Natur, ihre wilden Tiere und die freundliche Art der Menschen gepackt. Es nicht wenigstens einmal im Leben bereist zu haben, wäre ein echter Fehler!
Daher rattert es schon in meinem Kopf auf dem Rückflug wie wir die neue Naturrundreise nach Japan am Besten aufbauen! Und das dabei ein Teil des Tourpreises in die Bärenorganisation fließen wird, ist auch schon fest eingeplant. Vielleicht gibt es ja doch eines Tages eine Auffangstation für verletze Wildtiere!
Eines steht fest, für mich war es nicht das letzte Mal und ich freue mich schon jetzt das Team der Bärenorganisation, Uriata und die vielen anderen engagierten Menschen die ich auf der Reise treffen durfte, wunderschönen Orte und die wilden Tiere Japans wiederzusehen!
Ich bedanke mich für Ihre Zeit, die Sie sich zum Lesen genommen haben!
Sayonara und vielleicht treffen wir uns ja auf unserer Naturrundreise durch dieses vielfältige und faszinierende Land ins Reich der wilden Bären und Riesenflughörnchen!
Ihre Sabine Bengtsson